Als hätte die Medienrevolution ihr jüngstes Kind gefressen: Information und Dokumentation an der FH Potsdam

Nun hat sich auch der amtierende Dekan des Fachbereichs Informationswissenschaften der FH Potsdam, Prof. Dr. Günther Neher, in einer Pressemitteilung zur Schließung des Studiengangs  "Information und Dokumentation" geäußert (die Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Informationswissenschaft und Informationspraxis (DGI) e.V. lesen sie hier):

"Der Fachbereich Informationswissenschaften der Fachhochschule Potsdam denkt nach erfolgreicher Akkreditierung seiner  Bachelor- und Master-Studiengänge bereits jetzt  über die langfristige inhaltliche und strukturelle Weiterentwicklung und die weitere berufsfeldorientierte Profilierung seines Studienangebotes nach. 
Derzeit werden am Fachbereich Informationswissenschaften die drei grundständigen Bachelorstudiengänge Archiv, Bibliotheksmanagement und Information und Dokumentation - sowie seit dem Sommersemester 2011 der konsekutive integrative Master Informationswissenschaften mit den beiden Profilierungslinien „Records Management und Digitale Archivierung“ sowie „Wissenstransfer und Projektkoordination“ angeboten. Zusätzlich ist der Fachbereich sehr erfolgreich auf dem Gebiet der berufsbegleitenden Weiterbildung aktiv: Für Absolvent/innen mit einem fachspezifischen Hochschulabschluss - in der Regel in den Geisteswissenschaften – wird ein nicht-konsekutiver berufsbegleitender Weiterbildungs-Masterstudiengang Archivwissenschaft angeboten. Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste u. a. Interessierte haben die Möglichkeit, sich in einem 4-jährigen Weiterbildungskurs in den Bereichen Archiv oder Bibliothek für den Bachelorabschluss zu qualifizieren, und am seit 2009 zum Fachbereich gehörigen traditionsreichen Institut für Information und Dokumentation (IID) wird  eine zweijährige Fortbildung zum Wissenschaftlichen Dokumentar/in angeboten, mit Nachfrage vor allem aus dem Bereich der Medienanstalten.

Dieser umfangreiche Ausbau des Studienangebotes wurde dadurch ermöglicht, dass  - beginnend mit dem Jahr 2004 - der Fachbereich Informationswissenschaften im Rahmen des Brandenburgischen Studienplatzerweiterungsprogramms (sog. „Überlastprogramm“) zusätzlich drei zunächst zeitlich befristete Professuren hinzugewinnen konnte, verbunden mit einer mittlerweile nahezu verdoppelten Studierendenzahl. 

Die im Rahmen des Studienplatzerweiterungsprogramms neu geschaffenen Professuren („Webtechnologie und Semantic Web-Anwendungen“, „Content Management und Dokumentenmanagement“, „Metadaten und Standards“) wurden – konsequent im Sinne des „Potsdamer Modells“ - dazu genutzt, um das Lehrangebot des Fachbereichs in zukunftsgerichteten Themenfeldern  mit stark integrativem Charakter zu stärken bzw. überhaupt erst aufzubauen. Diese thematische Ausrichtung hat sich aus heutiger Sicht als sehr sinnvoll erwiesen: Kompetenzen in diesen Themenfeldern werden zunehmend stark nachgefragt und dies insbesondere gerade auch unter dem integrativen Aspekt, d.h. über die Grenzen der klassischen Berufsfelder Archiv/Bibliothek/Information und Dokumentation hinweg.


Die vom Fachbereich aktuell diskutierte und geplante Umstrukturierung beinhaltet den Übergang von einer relativ starren Studiengangstruktur hin zu einem flexibleren Modell der Profilierungslinien und will damit den Prozess der fortschreitenden Integration und Interdisziplinarität der Berufsfelder A, B und IuD konsequent in der Ausbildung aufgreifen. Der Fachbereichsrat hat sich nach durchaus kontrovers geführter Diskussion unter Abwägung vieler Gesichtspunkte für ein Studiengangmodell entschieden, welches bei gleichbleibender Studierendenzahl zunächst die Inhalte der Studiengänge Archiv und Information und Dokumentation einerseits und die Inhalte der Studiengänge Bibliotheksmanagement und Information und Dokumentation andererseits zu je einem neuen Studiengang integriert. (Hervorhebung durch mich, U.W.)  Als frühestmöglicher Zeitpunkt für die Realisierung eines entsprechend umstrukturierten Studienangebots wird das Wintersemester 2012/2013 angestrebt. 

Die präzise curriculare Ausgestaltung liegt zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht fest und wird in engem Austausch mit den betroffenen Berufsfeldern erfolgen. Fest steht nach dem geplanten Modell,  dass es innerhalb der verbleibenden Studiengänge unterschiedliche Profillinien in Form eines stark erweiterten Wahlpflichtangebots geben wird, insbesondere auch solche mit dokumentarisch-informationstechnologischem Fokus (Hervorhebung durch mich, U.W.) , so dass die Studierenden entsprechend ihrer Interessenslage stärker als bisher selbst eine individuelle Schwerpunktsetzung vornehmen können. Diese dann neue Form der Flexibilität in der Gestaltung des eigenen Studiums kommt nach den Erfahrungen der letzten Jahre den Interessen der (durchaus heterogenen) Studierendenschaft entgegen.


Es soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, dass der etwa ein Jahr zurückliegende Beginn der aktuellen Diskussion um inhaltliche Profilierung und strukturelle Veränderungen, auch mit der Planungsunsicherheit von Seiten der brandenburgischen Hochschulpolitik in Zusammenhang steht. Trotz unverändert hoher Bewerberzahlen ist nicht sichergestellt, dass die Finanzierung der im Rahmen des Studienplatzerweiterungsprogramms geschaffenen Professorenstellen über das Jahr 2013 hinaus fortgeführt wird. Der Fachbereich sieht sich daher in der konkreten Verantwortung und Pflicht, durch inhaltliche Fokussierung und strukturelle Maßnahmen auf diese Planungsunsicherheit zu reagieren, um nicht Gefahr zu laufen, für Absolventen und Berufsfeld mittlerweile zentrale und vom Fachbereich gut besetzte Themenfelder zu verlieren. Unstrittig unter allen Beteiligten ist, dass die Vermittlung dokumentarischer Kernkompetenzen auch zukünftig integrativer Bestandteil der informationswissenschaftlichen Ausbildung an der Fachhochschule Potsdam sein wird. (Hervorhebung durch mich, U.W.)
Der Fachbereich Informationswissenschaften ist zuversichtlich, dass Potsdam auch in Zukunft seinem Ruf als ein innovativer und in die Berufswelt sehr gut integrierter Standort für die Informationswissenschaften gerecht werden wird.
Im Namen des Fachbereichs Informationswissenschaften der Fachhochschule Potsdam

Prof. Dr.  Günther Neher (amtierender Dekan)"

Information und Dokumentation wird also zum Wahlpflichtmodul degradiert, welches die Studierenden der Studiengänge Archivwissenschaft bzw. Bibliothekswissenschaft belegen können, wenn sie wollen. Oder auch nicht. Damit verliert die Information und Dokumentation - zumindest in Potsdam - ihre Eigenständigkeit. Mir kommt das ein bisschen so vor, als hätte die Medienrevolution ihr jüngstes Kind gefressen. 

PS:
Dieses Statement hat mir heute die Erwähnung als "wackerer Streiter" eingebracht. Danke, Herr Bredemeier, freut mich :)

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