Berufliche Weiterbildung – wer ist verantwortlich: Arbeitnehmer oder Arbeitgeber?

Autoren, die sich auf die eine oder andere Art mit organisiertem wie informellem beruflichem Lernen beschäftigen, beginnen in der Regel damit, dass kontinuierliche Weiterbildung wichtig sei, um im Beruf mitzuhalten und voranzukommen, und dies gerade in konjunkturell unsicheren Zeiten immer wichtiger werde. Geschenkt. Wir wollen hier einmal unterstellen, dass das „lebenslange Lernen“ als Zielvorstellung heute weitestgehend Akzeptanz genießt. Zudem handelt es sich um einen nationalen wie internationalen Rechtsanspruch des Einzelnen: „Jede Person hat das Recht auf Bildung sowie Zugang zur beruflichen Ausbildung und Weiterbildung“, heißt es z.B. in Artikel II-74, Ziffer 1 der EU-Verfassung. Dies hatte die Bundesregierung unter Gerhard Schröder übrigens als Slogan für ihre Anzeigenkampagne „Europa tut Deutschland gut“ übernommen.

Doch bei wem liegt die Verantwortung für die Aktualisierung der eigenen Qualifikation: bei den Arbeitnehmern oder den Arbeitgebern? Einerseits erwarten Unternehmen von ihren Mitarbeitern verstärkt eine prinzipielle Lernbereitschaft und ein freiwilliges Engagement im Sinne der 3L: Lifelong learning und damit die persönliche Weiterqualifizierung ist aber nicht nur eine permanente, sondern zunehmend auch eine selbst gesteuerte Aufgabe. Arbeitnehmer sind gut beraten, sich um die langfristige Sicherung ihrer eigenen Beschäftigungsfähigkeit zukünftig selbst zu kümmern. Das ist den meisten auch bewusst. Das nach britischem Vorbild eingeführte staatlich subventionierte Weiterbildungssparen ist z. B. ein klares Signal in diese Richtung.

Andererseits mehren sich die Stimmen, dass Personalentwicklung von oben kommen muss.

Wie so oft liegt die Wahrheit in der Mitte. Laut einer (immer noch aktuellen) Online-Befragung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) von 2005 ist die Mehrheit der Unternehmen (58,8%) zu höheren Investitionen in Weiterbildung bereit, wenn die Mitarbeiter dafür ihre Urlaubs- und Freizeit opfern. Zudem erklärt jeder fünfte Unternehmer (18,7%), dass mit einer finanziellen Beteiligung des Mitarbeiters für betriebsspezifische Weiterbildungen seine Bereitschaft steigt, mehr zu investieren. 

Was die Verantwortungszuschreibung angeht, rückt demnach also zunehmend die Erkenntnis in den Vordergrund, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam in der Pflicht stehen. Die viel beschworene "Employability" wird auch für Unternehmen immer wichtiger. Zwar vollzieht sich der demografische Wandel schleichend, dessen massiven Auswirkungen dräuen jedoch schon jetzt am arbeitsmarktlichen Horizont, aktuell z. B. in Form des Fachkräftemangels. Zwischen 2015 bis 2030 geht die Babyboomer-Generation in Rente, wodurch die Zahl der Arbeitnehmer überhaupt langfristig abnimmt. Gleichzeitig wird Wissen immer mehr zum Wettbewerbsfaktor. Und weil Deutschland im Moment noch ein wenig davon entfernt ist, Billiglohnland zu sein, wird es gegen die globalen Wettbewerber nur mit hoch qualifizierten Arbeitnehmern eine Chance haben. Letztlich sichern ein vorausschauendes Personalmanagement und berufliche Weiterbildung womöglich mehr, als nur die Beschäftigungsfähigkeit eines einzelnen Arbeitnehmers

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